Klaus

Ein Häuschen mit Garten für Familien

 Bonn, GermanyThu, 12 Feb 2015 15:57:36 +0100 last edited: Fri, 13 Feb 2015 16:43:09 +0100  
Was läuft eigentlich falsch mit dem Wohnungsbau und Wohnförderungsmaßnahmen in Bonn und ich nehme an in vielen anderen Gegenden auch?

In Bonn gibt es zum Beispiel städtische Wohnungsbauprojekte die Sozialwohnungen schaffen sollen enden aber auf merkwürdiger Weise in Luxuswohnungen, Pflegeheime die schließen und Luxuswohnungen dort gebaut werden, oder was ist mit dem Gelände der ehemaligen Tschechischen Botschaft in Ippendorf wo massenweise schicke neue Wohnungen errichtet wurden von denen aber noch immer mindestens 3/4 leer stehen weil die Preise sich kaum jemand leisten kann. An der Lage kann es zumindest nicht liegen, die ist schon ziemlich gut.

Aber gerade aus aktuellem Anlass mein neues Lieblingsthema: Erbbaurecht

Dies sagt juris zum Thema, bringt mir aber nicht wirklich viel in der praktischen Auseinandersetzung mit dem Thema:
#^Gesetz über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz - ErbbauRG)
"Erbbaurechtsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-6, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 7 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3719) geändert worden ist"
Haben wir eigentlich mittlerweile auch Rechtsanwälte unter uns?

Die Stadt Bonn stellt unter anderem folgende Informationen bereit wenn man ein städtisches Baugrundstück erwerben möchte:
#^Information zu Bewerbungen um ein Baugrundstück der Bundesstadt Bonn

Naja, der #^Bürgermeister wiederholt eigentlich nur die Infos der Stadt, aber hört sich doch erst mal ganz gut an möchte man meinen:
Jürgen Nimptsch, Bürgermeister Bundesstadt Bonn wrote:
Für die Übertragung eines Erbbaurechtes sind jedoch folgende Voraussetzungen zwingend erforderlich:
. es muss mindestens ein (minderjähriges) Kind im Haushalt leben,
. der Bewerber darf nicht bereits über Grundeigentum verfügen, das zur Wohnnutzung geeignet ist,
. bestimmte Einkommensgrenzen müssen eingehalten werden.

Mal sehen, was sagt denn Wikipedia noch so zum Erbbaurecht:
#^Erbbaurecht – Wikipedia
Die Einführung des Erbbaurechts sollte den Wohnungsbau fördern, indem einerseits sozial schwächeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zum Bauen gegeben werden sollte, und zugleich ein Instrument zur Bekämpfung von Bodenspekulationen schaffen.
Das alles macht eine Junge Familie doch erst mal ganz optimistisch.

Wie die Stadt mit ihren Vorgaben aber auf die abstruse Idee kommt, dass eine junge Familie mit Kindern, ohne bisheriges Wohneigentum und wo zwei Vollzeit-Tätige mehr verdienen als die Einkommensgrenzen einfach mal so um die €225000 (angenommener Preis des Hauses auf dem Erbbaugrundstück) bar auf den Tisch legen können um einen bestehenden Vertrag mit den alten Konditionen (zugegebenermaßen lächerliche hundert Euro pro Jahr) übernehmen zu können erschließt sich mir auch nach längerem überlegen nicht. Die Alternative wenn man so ein Projekt über eine Bank finanzieren muss zieht eine Vertragsanpassung mit sich welche dann unter anderem schlappe €600 pro Monat Erbpacht umfasst! Dies ist dann natürlich zusätzlich zu den Raten um den Kredit für das Haus abzubezahlen. Eine sehr merkwürdige Form einer Förderung sozial schwächerer Bevölkerungsschichten. Aber natürlich bietet die Stadt das Grundstück ja auch zum Kauf an. Kostet auch nur rund €320000, was das Gesamtprojekt auf astronomische €550000 katapultieren würde. Entweder hat die Stadt sehr merkwürdige Vorstellungen wie man junge Familien fördern kann oder verstehe ich etwas falsch? o_O Kann sich so etwas jemand aus der viel umworbenen Mittelschicht überhaupt noch leisten? Oder bin ich schon so tief in der finanziellen Unterschicht angelangt? Wenn ich eine ganz böse Rechnung aufstellen wollte und die Elternbeiträge an die Stadt, Essensgelder, Kindergartenkosten, Musikunterricht, Sportvereinsbeiträge für die Kids, usw. käme ich zwar nicht ganz auf die monatlichen Kosten für die Erbpacht, aber doch in eine Richtung wo man sagen könnte, dass es möglich wäre zu finanzieren. :-! :facepalm

Mit solchen Maßnahmen kann man bestimmt wunderbar sozial schwächere Bevölkerungsschichten unterstützen und Bodenspekulationen werden so auch bestimmt sehr nachhaltig bekämpft wo der Quadratmeterpreis über die letzten zehn Jahre doch um schlappe €100 gestiegen ist. :facepalm
Von den Zielen die mit dem Erbbaurecht wohl mal angedacht waren bleibt wohl nicht viel übrig, da welche pleite Stadt wird es sich schon leisten können unter den aktuellen Bedingungen erschwingliche Erbpachtzinsen für schwächere Bevölkerungsschichten zu nehmen, wenn man das Grundstück doch auch direkt verscherbeln und die Stadtkasse kurzfristig manipulieren kann.

Nagut, wenn ich mir die Preise bei solchen Immobilienportalen im Netz ansehe ist das sogar noch fast ein Schnäppchen. Da findet man auch ähnliche Objekte für über €800000. :-!
 Rant
zottel
 Fri, 13 Feb 2015 16:19:09 +0100 
Das ist ja krass. Ich habe mich mit dem Thema nur insofern befasst, als eines der Häuser, das ich mal in einem Immobilienportal gefunden hatte, auf einem Erbpachtgrundstück stand.

Letztlich war es nicht interessant, weil die zu entrichtende Pacht in etwa auf das gleiche hinausgelaufen wäre wie die Kreditraten für einen Grundstückskauf – und wenn es nicht billiger ist, hat Erbpacht ja letztlich nur Nachteile. Bei den aktuellen Kreditzinsen wird das wohl in vielen Fällen so ähnlich sein wie in diesem Fall.

Allerdings war das weder so extrem billig wie die € 100,–/Jahr noch so extrem teuer wie die € 600,–/Monat – wobei das tatsächlich noch moderat ist, wenn das Grundstück wirklich € 320.000,– oder noch mehr wert ist.

Könnte natürlich sein, dass in dem Altvertrag festgelegt ist, dass keine Hypotheken auf Gebäude aufgenommen werden dürfen, die auf diesem Grund stehen werden. Trotzdem ist eine Erhöhung um 710.000% bei Neuvertrag natürlich absolut extrem. Vielleicht könnte man hier gegen Wucher vorgehen? :-)

Wir haben für unser Grundstück € 72.000,– bezahlt (voll erschlossen). Ist aber mit knapp 340 m² natürlich auch nicht sehr groß, und selbstverständlich nicht in der Stadt, sondern auf dem Land (im Speckgürtel).
Klaus
 Fri, 13 Feb 2015 17:10:04 +0100 
Ich habe mittlerweile so viele so wiedersprüchliche Aussagen bereits erhalten, wo ich mich frage wie ein normal Sterblicher ohne Juraabschluss der sich meist nur einmal in seinem Leben mit so etwas befasst so etwas nachvollziehen soll. Von einem Finanzberater, dass die Stadt den Betrag gar nicht anpassen kann bis hin zu einem Bankberater wieso wurde der Erbbauzins nicht schon längst an die aktuellen Gegebenheiten angepasst. Wenn man von dem Grundstückswert ausgeht und da die 4% Erbbauzins pro Jahr nimmt kommt man sogar noch auf mehr als die 600 pro Monat. Aber das war eigentlich auch mein Fazit, dass sich das überhaupt nicht lohnt. Vor allem wenn ich mir überlege, wenn in den nächsten 10 Jahren der Quadratmeterpreis um weitere €100 wie die letzten zehn Jahre steigen würde und da jeweils Anpassungen stattfinden würden, wie soll das funktionieren? Bleibt nur der Kauf, aber das ist jenseits von allem was wir realistisch planen könnten.
Aber ich frage mich auch was macht die Stadt. Wenn ich mich täusche hat die Stadt bereits alle städtischen Wohnungen an irgendwelche Investoren verscherbelt. Verkauft ihre ganzen Grundbesitze und weint dann, dass sie durch die Ausgaben für sozialen Wohnraum und Steuereinnahmen alleine nicht überleben kann. :facepalm